Imposter-Syndrom? Wie du den inneren Kritiker zum Schweigen bringst

Geöffnetes Buch Lesedauer: 9 min

Kennst du das Gefühl, dass du einfach nur Glück gehabt hast? Dass deine Erfolge eigentlich gar nicht auf deine Fähigkeiten zurückzuführen sind und du jederzeit als Hochstapler entlarvt werden könntest? Willkommen im Imposter-Syndrom-Club!

In diesem bist du bei weitem nicht allein – viele erfolgreiche Menschen, von Berufseinsteiger:innen bis hin zu gestandenen Führungskräften, haben mit genau diesen Zweifeln zu kämpfen.

In diesem Artikel schauen wir uns an, was hinter diesem Phänomen steckt, wer davon betroffen ist und vor allem: wie du aus dieser Negativspirale wieder herauskommst. Denn Hochstapler gehören in mittelmäßige Kriminalgeschichten, nicht in deinen Karriereweg.

Impostor

Was ist das Imposter-Syndrom?

Stell dir vor, du stehst auf einer Bühne, das Publikum applaudiert und alles, was du denkst, ist: „Wie bin ich bloß hierhergekommen? Wann wird endlich jemand merken, dass ich keine Ahnung habe?“ Damit hast du bereits die Kerngedanken erfasst, die dem Imposter-Syndrom (alternativ Impostor-Syndrom) zugrunde liegen. In diesem Club gibt es keine Mitgliedsbeiträge, nur ein Haufen Selbstzweifel, die dir als Eintrittsticket reichen.

Vielleicht hast du bereits das Gefühl gehabt, dass all deine Erfolge nur auf Glück oder Zufall zurückzuführen sind. Dass du gar nicht wirklich so kompetent bist, wie alle denken. Du fühlst dich wie ein Hochstapler, der die ganze Zeit darauf wartet, entlarvt zu werden.

Falls dir das bekannt vorkommt, bist du in guter Gesellschaft: Viele erfolgreiche Menschen, von Schauspielern bis hin zu CEOs, haben dasselbe Gefühl. Sie alle kämpfen mit der inneren Überzeugung, dass sie irgendwie „unwürdig“ sind. Und das meist völlig ohne plausiblen Grund.

Das Imposter-Syndrom ist dabei kein seltenes Phänomen, sondern betrifft Millionen von Menschen weltweit. Und es hat nichts mit deinem Können zu tun. Im Gegenteil, es trifft oft gerade diejenigen, die außergewöhnliche Leistungen vollbringen.

Definition und Bedeutung

Das Imposter-Syndrom (oder auf Deutsch: Hochstapler-Syndrom) beschreibt das Gefühl, trotz offensichtlicher Erfolge nicht gut genug zu sein. Man hat das Gefühl, ein Hochstapler zu sein, der seine Fähigkeiten bloß vorgetäuscht hat. Und das, obwohl alle Fakten auf das Gegenteil hinweisen.

Das bedeutet, dass du deine eigenen Leistungen herunterspielst und das Gefühl hast, deine Erfolge seien nicht auf deine Fähigkeiten, sondern nur auf Glück, Zufall oder äußere Umstände zurückzuführen.

Dies kann sich in verschiedenen Bereichen des Lebens bemerkbar machen, sei es im Studium, im Beruf oder sogar im Privatleben. Die ständige Angst, entlarvt zu werden, ist dabei ein treuer (und ziemlich unangenehmer) Begleiter.

Symptome und Merkmale

Klassische Symptome sind Gedanken wie: „Jeder andere könnte das besser als ich.“ Oder: „Ich habe einfach nur Glück gehabt.“ Auch gehören ständige Selbstzweifel, das Kleinreden von Erfolgen und der ständige innere Kritiker zu den ständigen Begleitern. Klingt vertraut?

Diese negativen Gedanken können sich in verschiedenen Verhaltensweisen zeigen:

  • Vermeidung von Risiken aus Angst zu versagen
  • Überkompensation durch extrem harte Arbeit, um bloß keine Schwäche zu zeigen
  • Unvermögen, Lob anzunehmen (z.B. Abwehr von Komplimenten oder das Gefühl, dass es „nicht der Rede wert“ sei)

In beiden Fällen zehrt das an der eigenen Energie und macht das Leben schwerer, als es sein müsste.

Häufigkeit und Verbreitung

Studien schätzen, dass etwa 70 % der Menschen irgendwann in ihrem Leben das Imposter-Syndrom erleben. Besonders oft trifft es Berufseinsteiger, die gerade erst in die Arbeitswelt eingestiegen sind und sich zwischen erfahrenen Kollegen oft wie Fremdkörper fühlen. Es kann dich treffen, egal ob du CEO bist oder Praktikant:in – Selbstzweifel machen vor Titeln keinen Halt.

Interessant ist, dass das Imposter-Syndrom keine Altersgrenze kennt. Junge Menschen, die neu in einem Job sind, fühlen sich oft unzureichend, aber auch erfahrene Führungskräfte berichten von denselben Zweifeln.

Besonders Frauen sind häufig betroffen, vor allem in männerdominierten Branchen, wo der Druck, sich beweisen zu müssen, oft noch größer ist. Doch auch Männer sind keineswegs davor gefeit – die Erwartungen, stets stark und kompetent zu sein, tragen auch bei ihnen zu diesen Gefühlen bei.

Ursachen des Imposter-Syndroms

Das Imposter-Syndrom fällt nicht vom Karriere-Himmel, sondern hat meist tiefergehende Ursachen. Es wurzelt oft in tief verankerten Unsicherheiten. Perfektionismus spielt dabei eine große Rolle. Wenn du denkst, du müsstest in allem der Beste sein, wirst du natürlich fast zwangsläufig das Gefühl haben, nie gut genug zu sein – weil eben niemand absolut perfekt ist.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist das Selbstbild, das wir in unserer Kindheit und Jugend entwickelt haben. Wenn du oft das Gefühl hattest, den Erwartungen anderer nicht zu entsprechen oder ständig mit anderen verglichen wurdest, kann das enorme Unsicherheiten hinterlassen.

Diese Erfahrungen prägen die Art und Weise, wie wir unsere eigenen Leistungen wahrnehmen. Manche Menschen sind auch besonders empfänglich für äußere Kritik und neigen dazu, negative Rückmeldungen stärker zu gewichten als positives Feedback.

Soziale und berufliche Einflüsse

Gesellschaftliche Erwartungen und der Vergleich mit anderen verstärken das Problem. Gerade in den sozialen Medien siehst du ständig die Erfolgsgeschichten anderer und fragst dich: „Warum kann ich das nicht?“ Dabei siehst du nur die Highlights – niemand postet die schlaflosen Nächte oder die gefürchteten Fehler.

In der Arbeitswelt kommen oft strenge Hierarchien und hohe Erwartungen hinzu. Das Gefühl, ständig unter Beobachtung zu stehen und sich beweisen zu müssen, kann schnell zu Selbstzweifeln führen.

Besonders Menschen in neuen Positionen oder Berufen, in denen es wenig klare Erfolgskriterien gibt, neigen dazu, ihre eigenen Fähigkeiten zu hinterfragen. Der Druck, sich zu etablieren und den Erwartungen gerecht zu werden, kann dazu führen, dass man sich permanent als „nicht gut genug“ empfindet.

Wer ist vom Imposter-Syndrom betroffen?

Jung, alt, Mann, Frau – das Imposter-Syndrom ist erstaunlich inklusiv. Hier ausnahmsweise im negativen Sinne. Besonders betroffen sind jedoch Menschen, die gerade in neue Rollen schlüpfen. Berufseinsteiger:innen, die das erste Mal Verantwortung tragen, oder Frauen in Führungspositionen sind besonders anfällig.

Es gibt jedoch auch bestimmte Persönlichkeitsmerkmale, die die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass jemand das Imposter-Syndrom entwickelt. Menschen, die von Natur aus eher perfektionistisch veranlagt sind, setzen sich oft überhöhte Erwartungen und sind daher anfälliger für Selbstzweifel.

Auch Menschen, die in ihrer Kindheit stark kontrolliert oder ständig mit anderen verglichen wurden, sind eher betroffen. Sie haben gelernt, dass sie sich immer beweisen müssen, und tragen diese Haltung ins Erwachsenenalter.

Branchen und Berufsgruppen

Interessanterweise tritt das Imposter-Syndrom oft in kreativen und akademischen Berufen auf. Das könnte daran liegen, dass man dort ständig mit neuen Herausforderungen konfrontiert ist und selten klare Erfolgskriterien hat. Und dann gibt es da noch die Tech-Branche – viele Entwickler:innen und IT-Experten:innen kämpfen mit Selbstzweifeln, da sich Technologien ständig weiterentwickeln. Da gewinnt man schnell den Eindruck, eigentlich nicht mithalten zu können.

Auch in Branchen mit hoher Wettbewerbsdichte, wie dem Consulting, der Finanzwelt oder der Forschung, fühlen sich viele Menschen als „Hochstapler“. Der ständige Druck, innovativ zu sein, sich mit den besten Talenten zu messen und immer wieder neue Höchstleistungen zu erbringen, kann sehr belastend sein.

Besonders stark betroffen sind zudem Berufseinsteiger in prestigeträchtigen Unternehmen oder jungen Start-ups, wo das Gefühl, sich beweisen zu müssen, allgegenwärtig ist.

Auswirkungen des Imposter-Syndroms

Im Job führt die Mitgliedschaft im Imposter-Club oft dazu, dass du dich kleiner machst, als du bist. Vielleicht lehnst du eine Beförderung ab, weil du denkst, du seist noch nicht bereit. Oder du übernimmst extra viele Aufgaben, weil du das Gefühl hast, dich beweisen zu müssen. Das Ergebnis: Burnout.

Es kann auch dazu führen, dass du Risiken meidest und dich selbst sabotierst. Wenn du ständig Angst hast, Fehler zu machen oder als inkompetent entlarvt zu werden, vermeidest du möglicherweise Gelegenheiten, bei denen du wirklich glänzen könntest.

Dadurch verpasst du wertvolle Chancen zur Weiterentwicklung und bleibst unter deinem Potenzial. Die Angst, zu versagen, hält dich in deiner Komfortzone gefangen und verhindert, dass du deine beruflichen Ziele erreichst.

Wie dein Privatleben leidet

Arbeit und Freizeit lassen sich nicht komplett isoliert betrachten - dementsprechend können auch im Privatleben die ständigen Selbstzweifel belasten. Wer das Gefühl hat, nicht gut genug zu sein, vermeidet es oft, authentisch zu sein – aus Angst, entlarvt zu werden. Das kann dazu führen, dass man sich allein fühlt und nicht ehrlich über seine Gefühle spricht.

Das Imposter-Syndrom kann dazu führen, dass du dich auch in Freundschaften oder Partnerschaften zurückziehst. Du denkst vielleicht, dass du nicht liebenswert bist oder dass andere Menschen irgendwann merken könnten, dass du „nicht genug“ bist.

Diese Ängste verhindern tiefe, authentische Verbindungen und führen dazu, dass du in sozialen Situationen ständig auf der Hut bist. Das macht es schwer, wirklich loszulassen und zu entspannen.

Langfristige psychische Gesundheit

Langfristig kann das Imposter-Syndrom sogar die psychische Gesundheit belasten und zu Angstzuständen oder Depressionen führen. Die ständige Angst, nicht genug zu sein, zerrt an den Nerven und kann dich auf Dauer richtig auslaugen.

Die ständige Selbstkritik führt zu einem negativen Selbstbild, das sich auf alle Lebensbereiche auswirken kann. Wenn du ständig das Gefühl hast, deinen eigenen Ansprüchen nicht zu genügen, sinkt dein Selbstwertgefühl.

Das wiederum macht es schwerer, Herausforderungen anzunehmen, und kann in einen Teufelskreis aus Selbstzweifeln und Vermeidungsverhalten führen. Im schlimmsten Fall führt das Impostor-Syndrom dazu, dass du dich von der Welt zurückziehst und gar nicht mehr daran glaubst, dass du etwas wert bist.

Tipps und Strategien zur Überwindung

Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung. Klingt nach Binsenweisheit, stimmt aber. Der erste Schritt, um das Imposter-Syndrom zu überwinden, ist die Erkenntnis, dass du überhaupt davon betroffen bist.

Akzeptiere, dass deine Gefühle zwar real sind, aber nicht unbedingt der Wahrheit entsprechen. Es hilft, die eigenen Erfolge bewusst zu feiern – und ja, auch die kleinen Dinge.

Versuche, dich selbst wie einen guten Freund zu behandeln. Würdest du einem Freund sagen, dass er seine Erfolge nur durch Glück erreicht hat? Wahrscheinlich nicht. Also hör auf, das bei dir selbst zu tun. Die Art und Weise, wie du mit dir selbst sprichst, hat einen großen Einfluss auf dein Wohlbefinden. Übe dich in Selbstmitgefühl und erinnere dich daran, dass jeder mal Fehler macht und das absolut in Ordnung ist.

Praktische Übungen und Techniken

Klingt zwar banal, aber schreibe deine Erfolge auf. Ja, wirklich. Führe ein Erfolgs-Tagebuch, in dem du jeden Tag festhältst, was gut gelaufen ist. Und wenn die Selbstzweifel hochkommen, kannst du nachlesen, was du schon alles erreicht hast. Außerdem ist es hilfreich, deine Gedanken zu hinterfragen: Ist das, was du denkst, wirklich wahr, oder sind es einfach nur übertriebene Zweifel?

Eine weitere effektive Übung ist das sogenannte „Reframing“: Versuche, deine negativen Gedanken in positive umzuwandeln. Statt „Ich habe nur Glück gehabt“ könntest du denken: „Ich habe hart gearbeitet, und das hat sich ausgezahlt.“ Auch Atemübungen und Meditation können dir helfen, mit Stress umzugehen und die negativen Gedankenmuster zu durchbrechen.

Manchmal hilft es auch, deine Erfolge laut auszusprechen – das mag sich am Anfang seltsam anfühlen, kann aber sehr wirkungsvoll sein.

Professionelle Hilfe und Therapieansätze

Wenn die Selbstzweifel überhandnehmen, kann auch eine Therapie helfen. Ein Coach oder Therapeut kann dir Techniken beibringen, wie du deinen inneren Kritiker zum Schweigen bringst. Manchmal braucht es eben professionelle Hilfe, um aus dem Gedankenkarussell auszusteigen – und das ist absolut okay.

Besonders kognitive Verhaltenstherapie (CBT) hat sich als wirksam erwiesen. In der CBT lernst du, deine negativen Gedanken zu identifizieren und durch realistischere, positive Gedanken zu ersetzen. Auch Gruppentherapien können hilfreich sein, da sie dir zeigen, dass du nicht allein bist. Das Teilen der eigenen Erfahrungen mit anderen Betroffenen kann sehr befreiend sein und dir neue Perspektiven eröffnen.

Eine weitere Option sind Coachings, die dir dabei helfen können, dich beruflich weiterzuentwickeln und dabei dein Selbstbewusstsein zu stärken.

Schnell-Test: Bin ich wirklich vom Hochstapler-Syndrom betroffen?

Frage dich selbst: Fühl ich mich oft unverdient erfolgreich? Habe ich das Gefühl, meine Erfolge seien nur Glück? Wenn du solche Gedanken hast, könnte das ein Hinweis darauf sein, dass das Imposter-Syndrom dich bereits im Griff hat.

Nimm dir einen Moment Zeit und denke an deine letzten Erfolge. Wie fühlst du dich dabei? Kannst du stolz auf dich sein, oder hast du eher das Gefühl, es sei nichts Besonderes? Falls Letzteres der Fall ist, könnte das ein Zeichen sein. Auch das ständige Gefühl, nicht genug zu wissen, obwohl du in deinem Job gut bist, ist ein häufiges Symptom.

Selbstreflexion ist der erste Schritt, um diese Gedanken zu entlarven und zu hinterfragen. Diese Fragen helfen dir dabei:

  • Fühlst du dich oft unverdient erfolgreich?
  • Hast du das Gefühl, deine Erfolge seien nur Glück?
  • Kannst du stolz auf deine Leistungen sein, oder machst du sie klein?
  • Hast du oft das Gefühl, nicht genug zu wissen, obwohl du gute Arbeit leistest?

Nächste Schritte bei Verdacht

Wenn du denkst, dass du betroffen bist, ist der wichtigste Schritt, darüber zu sprechen. Ob mit Freunden, Kollegen oder einem Coach – du wirst schnell merken, dass du nicht allein bist. Das ist der erste Schritt, um den Hochstapler in dir zu entlarven und endlich die Anerkennung zu finden, die du verdienst.

Fang klein an: Sprich mit einem vertrauten Freund darüber, wie du dich fühlst. Du wirst überrascht sein, wie oft du hörst: „Mir geht es genauso!“ Das Wissen, dass auch andere diese Zweifel kennen, kann bereits sehr entlastend sein.

Danach kannst du dir überlegen, ob professionelle Hilfe oder der Austausch in einer Selbsthilfegruppe sinnvoll sein könnte. Wichtig ist, dass du erkennst, dass deine Gedanken dich täuschen – du bist kein Hochstapler, sondern verdienst deinen Erfolg genauso wie jeder andere auch.

Fazit

Das Impostor-Syndrom kann eine echte Belastung sein, aber es ist wichtig zu erkennen, dass du nicht allein bist. Und die Mitgliedschaft im Imposter-Club nicht dauerhaft sein muss.

Viele von uns – sogar die erfolgreichsten Menschen – haben mit denselben Zweifeln zu kämpfen. Der Unterschied liegt darin, wie wir diesen Zweifeln begegnen. Es geht darum, diese Zweifel beim Schopf zu packen, unsere eigenen Erfolge anzuerkennen und uns selbst wie unseren besten Freund zu behandeln: mit Verständnis, Mitgefühl und einer ordentlichen Portion Stolz.

Du bist nicht zufällig da, wo du bist – du hast es dir hart erarbeitet. Also: Entlarv deinen inneren Hochstapler und schicke ihn dahin, wo er längst hingehört - in Rente.

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