Wie du konstruktive Kritik richtig äußern und annehmen kannst

Geöffnetes Buch Lesedauer: 8 min

Vielen Menschen fällt es ungemein schwer, Kritik anzunehmen – insbesondere, wenn sie viel Herzblut und Energie in etwas investiert haben. Gerade deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, die Kunst zu erlernen, Kritik nicht nur konstruktiv zu äußern, sondern sie auch mit offenem Herzen und Verstand anzunehmen und letztlich in positive Veränderungen umzusetzen. Nur so kann man im Berufsleben wachsen und das volle Potenzial entfalten.

constructive-criticism_haAwzaf.jpeg

Was genau ist konstruktive Kritik überhaupt?

Viele verbinden Kritik mit etwas Negativem. Tatsächlich kann Kritik aber auch einen positiven Effekt haben. Besonders Lob und konstruktive Kritik können dir beim Berufseinstieg und weit darüber hinaus helfen, voranzukommen. 

Konstruktive Kritik an sich geht über schlichtweg gute oder schlechte Kritik hinaus. Sie dient dazu, aufzuzeigen, was gut und was weniger gut läuft, dann aber gleichzeitig Vorschläge für Verbesserungen und konkrete Beispiele zu liefern. Es geht also eher darum zu helfen und jemanden voranzubringen, statt bloß herauszustreichen, was schlecht läuft. 

Was macht konstruktive Kritik aus?

  • Präzision, Sachlichkeit, Eindeutigkeit
  • Geht Umständen auf den Grund
  • Ist zwar kritisch, zeigt aber Alternativen auf
  • Bezieht die komplette Situation mit ein; ist konkret
  • Wird immer persönlich geäußert
  • Bei Äußerungen auf "Ich-Botschaften" achten 
  • Reflexion ist ein wichtiger Teil 

Vorteile und Bedeutung von konstruktiver Kritik 

  • Es werden nicht einfach nur Pro- und Kontra-Punkte gegeben, sondern echte Verbesserungsvorschläge - andernfalls gilst du schnell als notorische Kritiker:in ohne eigene Ideen.
  • Das Wort "konstruktiv" allein zeigt dir, wie vorteilhaft konstruktive Kritik wirklich ist. Synonyme sind nämlich "nützlich" und "hilfreich".
  • Einhergehend mit konstruktiver Kritik ist auch immer Reflexion; sie animiert dazu, sich Gedanken über eigene Fähigkeiten und Kompetenzen zu machen.
  • Das Finden einer Lösung sollte der Hauptansporn sein, wenn es um konstruktive Kritik geht und strebt somit Verbesserungen an.  
  • Konstruktive Kritik kann motivierend wirken, um sich intensiver mit etwas auseinanderzusetzen.
  • Es geht letztlich darum, sich gegenseitig zu helfen. 
  • Offene Kommunikation hilft dabei, das Arbeitsklima zu stärken.
  • Oft führt so ein Gespräch zu Weiterbildung und Erfolg.
  • Konstruktive Kritik hat gleichzeitig viel mit Teambuilding zu tun. 

Beispiel für konstruktive Kritik

Konstruktive Kritik ist ein wertvolles Werkzeug und kann als wohlgemeinter Tipp zur Verbesserung und Weiterentwicklung aller wirken. Ein passendes Beispiel dafür ist, wenn du bemerkst, dass ein Mitarbeitender regelmäßig Deadlines verpasst.

Anstatt nur auf das Problem hinzuweisen, könntest du sagen: "Ich habe bemerkt, dass es in letzter Zeit schwierig für dich war, einige Deadlines einzuhalten. Lass uns gemeinsam analysieren, wo die Engpässe liegen und wie wir den Prozess optimieren können, um dir zu helfen, die Aufgaben rechtzeitig zu erledigen. Hast du Vorschläge, wie wir deine Arbeitsbelastung besser managen können?"

Diese Herangehensweise zeigt, dass du unterstützen willst und an seiner bzw. ihrer Weiterentwicklung interessiert bist, anstatt nur zu kritisieren.

Unterschied zu destruktiver Kritik

So vorteilhaft konstruktive Kritik im Arbeitsalltag auch sein mag - natürlich gibt es ein entsprechend negativ besetztes Gegenbeispiel. Während konstruktive Kritik darauf abzielt, positive Veränderungen und Verbesserungen zu fördern, ist diese destruktive Kritik oft schädlich und entmutigend. Sie kann das Selbstwertgefühl und die Motivation der Empfänger:in erheblich beeinträchtigen.

Merkmale destruktiver Kritik

Unspezifisch und vage:

  • „Das war einfach schlecht.“
  • „Du machst immer alles falsch.“

Unspezifische Aussagen wie diese geben dem Empfänger keine klaren Hinweise darauf, was verbessert werden soll. Sie sind vage und bieten keine konkreten Anhaltspunkte für Veränderungen. Der Empfänger bleibt im Unklaren darüber, was genau falsch war und wie er es beim nächsten Mal besser machen könnte.

Abwertender Ton:

  • „Wie konntest du nur so etwas Dummes machen?“
  • „Das hätte jeder besser hinbekommen.“

Abwertende Kommentare greifen oft die Person und nicht die Handlung an. Sie zielen darauf ab, den Empfänger kleinzumachen und sein Selbstwertgefühl zu mindern. Ein solcher Tonfall führt fast zwangsläufig dazu, dass die Empfänger:in sich wertlos und inkompetent fühlt, was ihre Leistungsbereitschaft und das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten massiv untergräbt.

Keine Lösungen oder Alternativen:

  • „Das funktioniert nie.“
  • „Vergiss es, das ist nicht dein Ding.“

Destruktive Kritik bietet keine konstruktiven Lösungen oder Alternativen an. Sie konzentriert sich ausschließlich auf das Negative und lässt den Empfänger ohne einen klaren Weg zur Verbesserung zurück. Ohne hilfreiche Hinweise oder Vorschläge zur Problemlösung bleibt der Empfänger ratlos und frustriert.

Persönliche Angriffe:

  • „Du bist einfach unfähig.“
  • „Du wirst es nie zu etwas bringen.“

Persönliche Angriffe sind besonders schädlich, da sie den Charakter und die Fähigkeiten der Person direkt infrage stellen. Solche Aussagen können langfristige negative Auswirkungen auf das Selbstwertgefühl haben. Die Empfänger:in fühlt sich möglicherweise persönlich angegriffen und nicht nur in der persönlichen Leistung kritisiert, was zu einem nochmals stärkeren Gefühl der eigenen Wertlosigkeit führen kann.

Auswirkungen destruktiver Kritik

Destruktive Kritik hat oft weitreichende negative Auswirkungen auf den Empfänger und das gesamte Arbeits- oder Lernumfeld:

  • Verminderte Motivation: Der ständige Empfang destruktiver Kritik kann dazu führen, dass die Motivation drastisch sinkt. Ohne die Aussicht auf positive Veränderungen oder Anerkennung verliert die Empfänger:in die Lust, sich anzustrengen oder neue Herausforderungen anzunehmen.
  • Geringes Selbstwertgefühl: Destruktive Kritik kann das Selbstwertgefühl erheblich beeinträchtigen. Wenn eine Person immer wieder hört, dass sie unfähig oder wertlos ist, beginnt sie, diese negativen Aussagen zu internalisieren und daran zu glauben.
  • Konflikte und schlechte Beziehungen: Ein Umfeld, in dem destruktive Kritik vorherrscht, ist oft von Misstrauen und Konflikten geprägt. Die Beziehungen zwischen den Teammitgliedern oder zwischen vorgesetzten Personen und Mitarbeiter:innen können sich verschlechtern, was die Zusammenarbeit und den Teamgeist untergräbt.
  • Verminderte Leistungsfähigkeit: Die Kombination aus niedriger Motivation und geringem Selbstwertgefühl führt oft zu einer Abnahme der Leistungsfähigkeit. Empfänger:innen von destruktiver Kritik haben möglicherweise Angst, Fehler zu machen und vermeiden es daher, Verantwortung zu übernehmen oder innovative Ideen einzubringen.

Destruktive Kritik kann also nicht nur das individuelle Wohlbefinden und die persönliche Entwicklung beeinträchtigen, sondern auch das gesamte Umfeld negativ beeinflussen.

Wie du konstruktive Kritik richtig äußerst

Um konstruktive Kritik wirkungsvoll zu vermitteln, ist es entscheidend zu wissen, wie man dabei am besten vorgeht, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Deshalb haben wir dir hier einige wesentliche Schritte zusammengestellt.

4 Schritte zu konstruktivem Feedback

  1. Situation klären: Beschreibe sachlich und präzise, worum es genau geht und welches konkrete Verhalten du ansprichst. So schaffst du Klarheit und Verständnis.
  2. Konsequenzen erläutern: Verdeutliche, warum dieses Verhalten bestimmte Folgen haben könnte und belege deine Einschätzung mit konkreten Beispielen. Dies hilft, die Dringlichkeit und Relevanz deiner Kritik zu unterstreichen.
  3. Perspektive einholen: Frage dein Gegenüber nach seinen/ihren Beweggründen und Gedanken. Durch dieses Einbeziehen zeigst du Respekt und Interesse, was die Grundlage für eine gemeinsame Lösungsfindung bildet.
  4. Veränderungen vorschlagen: Teile klar und deutlich mit, welche Veränderungen du dir wünschst und welchen positiven Nutzen diese für alle Beteiligten haben können. Damit zeigst du nicht nur dein Ziel, sondern auch den gemeinsamen Gewinn auf.

Indem du diese Schritte beherzigst, kannst du sicherstellen, dass deine Kritik nicht nur gehört, sondern auch verstanden und konstruktiv umgesetzt wird.

Der richtige Zeitpunkt und Ort für konstruktive Kritik

Zur richtigen Zeit und am richtigen Ort - der Zeitpunkt für konstruktive Kritik ist entscheidend, um sicherzustellen, dass das Feedback nicht nur gehört, sondern auch angenommen und umgesetzt wird.

Zeitnahe Rückmeldung:

  • Warum es wichtig ist: Feedback sollte gegeben werden, solange die Situation noch frisch im Gedächtnis ist. Dies ermöglicht es Empfänger:innen, konkrete Handlungen und deren Auswirkungen klar zu erkennen und zu verstehen.
  • Beispiel: „Ich möchte dir direkt nach dem Meeting Feedback geben, weil ich denke, dass es dir helfen könnte, deine Präsentation noch besser zu machen.“

Emotionale Stabilität:

  • Warum es wichtig ist: Vermeide es, Kritik in stressigen oder emotional aufgeladenen Momenten zu äußern. Wenn Emotionen hochkochen, ist es unwahrscheinlicher, dass der Empfänger die Kritik rational und offen aufnimmt.
  • Beispiel: „Ich schätze deine Arbeit sehr und möchte dir hilfreiches Feedback geben. Lass uns einen Moment finden, in dem wir beide ruhig und entspannt sind.“

Ausreichend Zeit:

  • Warum es wichtig ist: Wähle einen Zeitpunkt, an dem beide Parteien ausreichend Zeit haben, um das Gespräch ohne Eile zu führen. Konstruktive Kritik sollte in Ruhe besprochen werden können, ohne dass Zeitdruck besteht.
  • Beispiel: „Können wir uns morgen früh zusammensetzen? Ich möchte sicherstellen, dass wir genügend Zeit haben, um alles in Ruhe zu besprechen.“

Vor wichtigen Ereignissen:

  • Warum es wichtig ist: Feedback kann besonders wertvoll sein, bevor wichtige Entscheidungen getroffen oder Projekte gestartet werden. Dies ermöglicht es, notwendige Anpassungen vorzunehmen und Fehler im Vorfeld zu vermeiden.
  • Beispiel: „Bevor du deine Präsentation beim Kunden hältst, würde ich gerne einige Punkte durchgehen, die dir helfen könnten, noch überzeugender zu sein.“

Der richtige Ort: Wo sollte konstruktive Kritik stattfinden?

Der Ort, an dem konstruktive Kritik geäußert wird, beeinflusst maßgeblich, wie das Feedback aufgenommen wird. Hier sind einige Tipps:

Privates Umfeld:

  • Warum es wichtig ist: Ein ruhiger und privater Ort zeigt Respekt gegenüber dem Empfänger und verhindert, dass er sich vor anderen bloßgestellt fühlt.
  • Beispiel: „Lass uns in mein Büro gehen, damit wir ungestört reden können.“

Angenehme und neutrale Umgebung:

  • Warum es wichtig ist: Eine entspannte Atmosphäre fördert ein offenes und ehrliches Gespräch. Ein neutraler Ort, an dem sich beide Parteien wohlfühlen, kann Wunder wirken.
  • Beispiel: „Wie wäre es, wenn wir bei einem Kaffee in der Lounge über dein Projekt sprechen?“

Fern von Ablenkungen:

  • Warum es wichtig ist: Ein ungestörter Ort hilft beiden Parteien, sich vollständig auf das Gespräch zu konzentrieren.
  • Beispiel: „Lass uns einen ruhigen Raum finden, damit wir in Ruhe sprechen können.“

Vertrauliches Umfeld:

Warum es wichtig ist: Ein vertraulicher Rahmen ist besonders wichtig, wenn sensible Themen besprochen werden. Das schafft Vertrauen und ermutigt Empfänger:innen, offen über Gedanken und Gefühle zu sprechen.

Beispiel: „Ich schätze deine Offenheit und möchte sicherstellen, dass unser Gespräch vertraulich bleibt. Lass uns einen passenden Raum dafür finden.“

Wann ist nicht länger konstruktive Kritik?

  • Sei nicht zu direkt. Das wirkt schnell gemein und angreifend.
  • Sei nicht zu verallgemeinernd und pauschal. Davon hat keiner etwas und das eigentliche Problem gerät aus dem Fokus.
  • Bringe auf keinen Fall deinen eigenen Frust zum Ausdruck:
    • kein Mobbing
    • keine abwertende Körperhaltung
    • keine Ironie
    • keinen Flurfunk/Lästereien 
    • keine Unsachlichkeit
    • kein Gebrüll
    • keine Drohungen

Wie formulierst du konstruktive Kritik angemessen? 8 Tipps

  1. Bleibe sachlich
  2. Achte darauf, nicht angreifend zu wirken.
  3. Höre deinem Gegenüber zu, wenn er/sie dir Erklärungen geben möchte.
  4. Begründe deine Kritik, damit dein Gegenüber weiß, warum du so denkst. 
  5. Lasse persönliche Gefühle außen vor. Es geht nur um eine bestimmte Situation, Aufgabe, etc. und nicht darum, was du von der Person hältst.
  6. Sei konkret in dem, was du kritisierst. Wenn du zu allgemein sprichst, kann es nicht zu passenden Lösungen kommen.
  7. Bereite dich gut vor, damit du nicht einfach nur was erzählst, sondern wirklich Belege und Lösungsvorschläge hast.
  8. Setze dir Teilziele für das Gespräch, damit du nichts vergisst. 

10 Tipps, wie du auf konstruktive Kritik richtig reagierst

  • Höre gut zu und lass die andere Person ausreden. Versuch zu verstehen, worum es ihm/ihr geht. 
  • Reagiere nicht sofort. Versuche ruhig zu bleiben und atme erstmal durch, bevor du antwortest.
  • Erinnere dich daran, dass konstruktive Kritik im Grunde einen positiven Nutzen hat. 
  • Nimm die Kritik an. Wenn du deinem Gegenüber in gewissen Punkten recht gibst, sag das auch. 
  • Hinterfragen. Du kannst gewisse Punkte auch ruhig hinterfragen oder Nachfragen stellen. Es soll durch die konstruktive Kritik zusammen an einer Lösung gearbeitet werden.
  • Nimm die Kritik nicht persönlich. Es geht hierbei um deine Arbeit und nicht um dich persönlich.
  • Versuche auch nicht alles einfach nur zu rechtfertigen, ohne irgendetwas von dem Gesagten anzunehmen. 
  • Natürlich kannst du deine Ansichten klarstellen und deinem Gegenüber damit ein paar Punkte ausführlicher erklären. Wenn du deinem Gegenüber in manchen Punkten überhaupt nicht zustimmen kannst, formuliere dies sachlich, konstruktiv und bleib offen für neue Ideen. 
  • Du kannst konkret nach den Erwartungen deines Gegenübers fragen. Dadurch gehst du sicher, dass du die Kritik auch wirklich umsetzen kannst.  
  • Genauso kannst du aber auch nach Bedenkzeit fragen, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen.

Konstruktive Kritik üben, annehmen und nutzen

Wenn du diese Tipps befolgst, wird es dir leichter fallen, die Kritik von anderen anzunehmen - und das kannst du durchaus üben. Nach dem Gespräch kannst du in Ruhe reflektieren, worum es genau ging und wie du die erhaltenen Vorschläge am besten umsetzen kannst. Natürlich solltest du nicht alles ungeprüft übernehmen, aber du wirst nach dem Gespräch klarer erkennen, welche Anregungen für dich nützlich sind und welche nicht.

Konstruktive Kritik anzunehmen bedeutet nicht nur, das Gesagte zu verstehen, sondern auch die Vorschläge umzusetzen, die für dich sinnvoll erscheinen. Nutze die Kritik also, um deine Arbeit zu verbessern und weiter voranzukommen. Das gilt für deine eigentliche Arbeit genauso wie für Feedback auf Vorstellungsgespräche.